Phänologie in der Biologie

Einführung und Begriffserklärung

Begriffsdefinitionen

„Die Phänologie ist die Lehre vom Einfluss des Wetters, der Witterung und des Klimas auf den jahreszeitlichen Entwicklungsgang und die Wachstumsphasen der Pflanzen und Tiere" (SCHIRMER et al 1987).

Das Wetter beschreibt aufgrund von Messdaten den augenblicklichen Zustand der Atmosphäre und die kurzfristigen Veränderungen der meteorologischen Erscheinungen und deren Zusammenwirken zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort.  Wetterelemente sind u.a. Wolken, Niederschlag, Wind, Temperatur, Luftdruck. Das Wetter entspricht somit dem regionalen Klima (WALCH & FRATER 2004).

Die Witterung beschreibt die sich im jahreszeitlichen Rhythmus wiederholende vorherrschende charakteristische Abfolge der Wetterelemente über einen bestimmten Zeitraum von mehreren Tagen bis zu mehreren Wochen in einem größeren Gebiet (WALCH & FRATER 2004).

Das Klima ist die Zusammenfassung der Wettererscheinungen, die den mittleren Zustand der Atmosphäre über einen längeren Zeitraum von mindestens 10 Jahren charakterisieren. Das Klima ist das Ergebnis messbarer meteorologischer Elemente wie Strahlung, Lufttemperatur. Luftdruck, Feuchtigkeit, Wind und deren Beziehung und gesetzmäßige Verknüpfung untereinander. Davon abhängig sind Wetterelemente wie Bewölkung und Niederschlag (SCHIRMER et al. 1987). Das Klima eines Raumes wird durch die dort herrschenden klimabeeinflussenden Faktoren wie Breitengrad, Wind, Höhenlage, Exposition und Siedlungsdichte bestimmt.

Die Circadiane Rhythmik als Zeitgeber

Neben dem Einfluss meteorologischer Faktoren auf Wachstum und Entwicklung der Pflanzen und Tiere ist hierfür auch der auf der Eigenrotation der Erde beruhende Circadiane Rhythmik, der Hell-Dunkel-Rhythmus oder Photoperiodismus und die damit verbundene Veränderung des Längenverhältnisses von Licht- zu Dunkelphase im Laufe eines Jahres für phänologische Erscheinungen entscheidend. Die Länge der hier vorhandenen Dunkelphase ist meist der Zeitgeber für die endogene Rhythmik (Innere Uhr) der Organismen. Dazu gehört auch der artspezifische Beginn der Blühphase und damit der Fortpflanzungsphase der Blütenpflanzen sowie u.a. die Entwicklungsphasen von Insekten. Deren Schlupf des flugfähigen Stadiums sollte mit dem Erscheinen ihrer Nahrungsquelle, den Pollen und Nektar bildenden Blüten, und damit dem Erscheinen der für die Blütenpflanze wichtigen Bestäuber synchronisiert sein.

Einfluss der Umgebungstemperatur

Neben der richtigen Jahreszeit hat für eine erfolgreiche Fortpflanzung der Blütenpflanze auch die Umgebungstemperatur am Standort zum Zeitpunkt des Aufblühens einen großen Einfluss. Wetterperioden mit kalten Temperaturen zum Blühzeitpunkt könnten besonders bei Frühblühern den Fortpflanzungserfolg einer ganzen Vegetationsperiode verhindern. Es ist deshalb wichtig, dass der Zeitpunkt das Aufblühens nicht nur durch die circadiane Rhythmik allein starr festgelegt wird. Wichtig ist, dass die Blühzeitpunkt unter dem Einfluss von externen Faktoren wie den der Temperatur regulierbar und somit an die gerade herrschenden Witterungsverhältnisse anpassbar ist.

Endogene Regulation des Blühzeitpunkts durch die Pflanze

Pflanzen besitzen für die Licht- und Temperaturmessung und damit für ihre Anpassung an die sich im Tagesrhythmus ändernden Umweltbedingungen, der circadianen Rhythmik, mehrere Photorezeptoren:

Die Phytochrome messen den Rotlichtanteil. Es existieren zwei Formen: die eine absorbiert hellrotes Licht, die andere dunkelrotes Licht. Sie steuern Entwicklungsvorgänge von Pflanzen, u.a. das Ergrünen von Pflanzenteilen, die Blütenbildung und Samenkeimung, und sind an der Kontrolle der Circadianen Rhythmik beteiligt.

Die Cryptochrome messen Blaulicht und sind ebenfalls für die Kontrolle der circadianen Rhythmik bei der Blütenbildung verantwortlich. Cryptochrome sind auch bei der Wahrnehmung der circadianen Rhythmik bei Tieren beteiligt.

Die Messwerte der Photorezeptoren sind Teil eines Regulationsmechanismus für den Beginn der Blütenausbildung, dem eine komplexe genetische Regulation bestimmter Gene zugrunde liegt. Diese erlaubt es der Pflanze bei der Blütenbildung auf ungünstige Umweltbedingungen, etwa auf zu hohe oder zu niedrige Außentemperaturen, zu reagieren. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse zur genetischen Regulation des Blütezeitpunkts lassen sich unter den folgenden Links nachlesen:

  • Pflanzenblüte ist eine Frage des Timings (SCHMID 2013),
  • Komplexe genetische Regulation des Blütezeitpunkts (KEMPKEN 2020),
  • Frühlingserwachen verstehen (LUTZ et al. 2017),
  • Was lässt Pflanzen blühen? (BECK 2012).

Bei einem Waldspaziergang Ende März im noch unbeblätterten Laubwald sind aufblühende Buschwindröschen und Waldschlüsselblumen gewohnte, attraktive Frühjahrsboten. Aber woher spüren die Pflanzen, dass genau Ende März/Anfang April ihre Blüh- und damit ihre Fortpflanzungszeit gekommen ist?  In den vorangegangenen Ausführungen zur circadianen Rhythmik und endogenen Regulation wird deutlich, dass hinter dem Aufblühen eines Buschwindröschens eine hoch komplexe Steuerung mit vielen ineinandergreifenden Steuerelementen wirksam ist: Endscheidenden externen Einfluss auf die Pflanze haben der Hell-Dunkel-Rhythmus als Folge der Erdrotation als Zeitgeber und Wetterfaktoren, besonders die lokal wirksame Lufttemperatur. Als interne Regulationselemente sind u.a. Photorezeptor-Proteine wirksam. Außerdem sorgt eine spezielle Genausstattung mit komplexer Genregulation und einer entsprechenden Genexpression für die Synthese von regulierenden Substanzen zur Blütenbildung. Bis heute sind trotz intensiver Forschung noch keineswegs alle Einzelheiten der jahreszeitlich abhängigen Blütenbildung wissenschaftlich geklärt.  

Nach oben