Der Entwicklungszyklus der Wespenspinne

Entwicklung der Geschlechtstiere

Nach CROME & CROME (1961) sowie KÖHLER & SCHÄLLER (1987) lassen sich bei den weiblichen Wespenspinnen folgende Entwicklungsstadien unterscheiden:

  • Jungspinnen
  • subadulte Weibchen
  • adulte Weibchen im Paarungsstadium
  • adulte Weibchen im Eiablagestadium

Ab Anfang Juli kann man weibliche subadulte Spinnen finden, die noch nicht die charakteristische gelbschwarz-weiße Streifenzeichnung tragen. Die kleinen Jungspinnen, die ab Ende Mai/Anfang Juni aus dem Eikokon schlüpfen, konnten bisher in der Schulumgebung noch nicht beobachtet werden. Die Subadulten wachsen schnell heran und nehmen dann ihre typische Hinterleibszeichnung an. Bis zur Eiablage Ende August/Anfang September schwillt der Hinterleib der Weibchen durch die Produktion von Eiern noch stark an (s. Abbildung 5).

Mitte Juli bis Mitte August sind auch die kleinen, langbeinigen Männchen zu finden. Sie klettern auf der Suche nach paarungsbereiten Weibchen durch die Krautschicht. Zuweilen finden sich auch mehrere Männchen gleichzeitig am Netz eines Weibchens ein (s. Abbildung 6).

Entwicklungsstadien bei weiblichen Wespenspinnen: Jungspinne (links oben), subadulte Spinne (rechts oben), Spinne im Paarungsstadium (links unten), Spinne im Eiablagestadium (rechts unten).
Abbildung 5
Zwei männliche Wespenspinnen im Netz eines paarungsbereiten Weibchens.
Abbildung 6

 

 

 

 

 

 

 

 

Paarung, Eiablage, Larvalentwicklung

Von Mitte Juli bis Mitte August findet die Paarung statt. Die weiblichen Spinnen besitzen in diesem Paarungsstadium zwar bereits ihre charakteristische Hinterleibszeichnung, sind oft jedoch noch relativ klein. In den meisten Fällen wird das Männchen unmittelbar nach der Paarung vom Weibchen als Beute ausgesaugt (s. Abbildung 7).

Ab Ende August bauen die Weibchen einen charakteristischen ballonförmigen Eikokon, der zwischen Gräsern und Pflanzenstängeln mit Seidenfäden fest verankert wird, so dass er auch schwierige Witterungsverhältnisse im Herbst und Winter übersteht. Durch Zusammenspinnen von Grashalmen oder trockenen Pflanzenstängeln schafft das Weibchen eine stabile und geschützte Aufhängung für einen oder mehrere Eikokons (s. Abbildung 8). Anschließend bewacht das Weibchen den Eikokon bis es nach einigen Tagen stirbt. Ab Frühherbst, teilweise auch im Frühjahr schlüpfen aus den gelben Eiern die Jungspinnen.

Paarung der Wespenspinnen.
Abbildung 7
Der Eikokon wird zwischen zusammengesponnenen Grashalmen befestigt.
Abbildung 8

 

 

 

 

 

 

 

Individualentwicklung in Abhängigkeit von Standortfaktoren

Nach Untersuchungen von KÖHLER & SCHÄLLER (1987) werden Eischlupf und Zeitpunkt des Schlupfes aus dem Kokon sowie Überwinterung und Entwicklungsruhe (Dormanz) der Jungspinnen innerhalb oder außerhalb des Kokons von
mehreren Umweltfaktoren beeinflusst. Entscheidenden Einfluss nehmen Photoperiode und Temperatur, wie sich aus den Untersuchungsergebnissen ableiten lässt:
Versuchsbedingungen:
- Langtag Lichtphase 18 Stunden, Dunkelphase 6 Stunden
- Kurztag Lichtphase 9 Stunden, Dunkelphase 15 Stunden (entspricht etwa Mitte November bis Anfang Februar)
- Dauerwärme 22 Grad Celsius
- Kälteperiode 2-4 Grad Celsius

Es lässt sich Folgendes feststellen:

  • Im Kurztag schlüpfen keine Jungspinnen, weder unter Dauerwärme noch nach einer zusätzlichen Kühlperiode. Das bedeutet, dass der Schlupf im Winter unabhängig von der Temperatur gehemmt ist.
  • Unter Langtagbedingungen schlüpfen bei warmen Temperaturen fast alle Jungspinnen, allerdings erst nach einer 1-2 monatigen Ruhepause. Außerdem verteilt sich der Schlupf über einen langen Zeitraum hinweg.
  • Nach einer Kälteperiode verkürzen sich der Zeitraum bis zum Schlupfbeginn sowie die Zeitspanne des Schlupfes. Eine 6-monatige Kühlperiode, die einem Zeitraum von Mitte November bis Mitte Mai entspricht, führt unter Langtagbedingungen dazu, dass die Jungspinnen bei einsetzender Wärme nach kurzer Zeit fast synchron schlüpfen.
  • Die hemmende Wirkung des Kurztages kann durch einen nachfolgenden Langtag und eine zusätzliche Kühlperiode aufgehoben werden. Derartige Bedingungen herrschen im Laufe von Winter und Frühjahr.

Aus den Untersuchungsergebnissen von KÖHLER & SCHÄLLER (1987) lässt sich folgendes Bild des Fortpflanzungs- und Entwicklungszyklus der Wespenspinne zusammensetzen:

Abhängigkeit der Individualentwicklung der Wespenspinne vom jährlichen Hell-Dunkel-Phasenrhythmus.
Abbildung 9

 

 

 

 

 

 

Aus Abbildung 9 wird folgender Entwicklungszyklus deutlich:

  • Die Jungspinnen, von denen die meisten bis November aus dem Ei geschlüpft sind, legen im Eikokon eine lange Entwicklungsruhe oder Dormanz bis Ende Mai ein.
  • Die überwiegende Zahl der Jungspinnen schlüpft im Juni und Juli aus dem Kokon.
  • Unter wärmeren Witterungsbedingungen schlüpft allerdings ein Teil auch bereits im Herbst bis zur Kurztaggrenze Mitte November. Vermutlich sterben diese Jungspinnen im Laufe des Winters, da bisher im April und
    Mai auch bei warmem Wetter keine Jungspinnen gefunden werden konnten. Subadulte Spinnenweibchen sind von Anfang Juli bis Mitte August, adulte Weibchen von Mitte Juli bis Ende September zu beobachten, zuerst im Paarungsstadium, dann im Eiablagestadium.
  • Die adulten Männchen entwickeln sich Mitte Juli bis Ende August.
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